Risikominimierung in Outsourcing-Transitionen

Risikominimierung in Outsourcing-Transitionen

Die Transition der Leistungserbringung von einem Dienstleister zu einem neuen Anbieter ist mit erheblichen Risiken verbunden. Auch bei Berücksichtigung der gängigen Erfolgsrezepte, wie z.B. einer sorgfältigen Planung der Transition oder gewissenhafter Prüfung und Abnahme von Zwischenergebnissen bzw. Meilensteinen, stellen Unternehmen vielfach einen Einbruch der Servicequalität nach Verantwortungsübernahme durch den neuen Dienstleister fest. Im schlimmsten Fall wurden Teilleistungen der Serviceerbringung während der Transition übersehen und resultieren in einem Problem der Service-Continuity.

(Den Fall eines „First Generation Sourcings“ mit Leistungsübergang direkt vom Unternehmen an einen Dienstleister klammere ich an dieser Stelle aus, da inzwischen nur noch die wenigsten Sourcing-Vorhaben und somit Transitionen in diese Kategorie fallen.)

Typische Risiko-Situation

Eine typische Risiko-Verlaufskurve während der Transition folgt in etwa einer Glockenkurve wie in Abbildung 1 unten als blaue Linie dargestellt: der bisheriger Dienstleister (Incumbent) erbringt während der Transition nach wie vor die Services, die Risiken nehmen im Projektverlauf zu und gipfeln vielfach zum Zeitpunkt des Verantwortungsübergangs (Service Commencement Date) an den neuen Dienstleister.

Da es keine perfekte Projektplanung geben kann, die alle Unwägbarkeiten und Unbekannten berücksichtigt und aufgreift, muss folglich ein anderer Ansatz zur Risikovermeidung gefunden werden.

Abbildung 1
Abbildung 1: typische Risiko-Verlaufskurve mit Scheitelpunkt am Service Commencement Date

Der zentrale Hebel zur Risiko-Reduktion oder bestenfalls Risiko-Vermeidung liegt meiner Erfahrung nach in einer Verschiebung des „Point of no Return“.

Verschiebung des „Point of no Return“

Was meine ich damit und was bezeichnet diesen Punkt? In jeder Transition gibt es einen Zeitpunkt, ab dem es „kein zurück“ zum bisherigen Dienstleister gibt. Meist handelt es sich dabei um den Kündigungszeitpunkt des Altvertrags oder die letztmalige Option zur Verlängerung von Services. Wenn dieser Zeitpunkt überschritten ist, gibt es keine Möglichkeit mehr, das Service Commencement Date zu verschieben. Im bekannten Dreieck „Qualität, Aufwand und Zeit“ ist die Dimension „Zeit“ also nicht mehr variabel. Die Dimension „Aufwand“ ist meistens sowieso nicht variabel, der Transitionsprojekte vielfach als Festpreisprojekte vereinbart werden – folglich unterliegt nur die Qualität einer Änderung. Und diese Änderung bedeutet vielfach eine Verschlechterung.

In meiner Beratungspraxis habe ich gute Erfahrung damit gemacht, diesen Point of no Return so flexibel wie möglich zu gestalten, mindestens aber so weit wie möglich in Richtung Service Commencement Date zu verschieben. In Abbildung 2 ist diese Verschiebung mit einem grünen Pfeil illustriert.

Abbildung 2: Verschiebung des „Point of no Return“ zur Verringerung von Transitions-Risiken

Durch diese Variabilisierung der Dimension „Zeit“ kann bei nach wie vor konstantem Aufwand die Qualität stabilisiert und somit die Risiko-Verlaufskurve deutlich abgesenkt werden (siehe zweiter grüner Pfeil in der Abbildung oben).

Umsetzung in der Praxis

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie in einem Zusammenspiel von komplexen und mehrjährigen Outsourcing-Verträgen mit unterschiedlichen Dienstleistern eine Variabilisierung erreicht werden kann.
Nun: nicht mehr während der Transition – hier ist Planung und Vorarbeit notwendig:

Der eine Bereich der Vorarbeit muss im Altvertrag des Incumbents vorgenommen werden. Hier sind – und zwar zeitlich weit vor Kündigung und Neuausschreibung der Leistung – ausreichend flexible Verlängerungsoptionen vorzusehen. Es muss nicht nur die Option auf Teilverlängerung vorgesehen werden, sondern diese muss auch kurzfristig (d.h. weniger Monate wenn nicht Wochen vor Service Commencement Date) gezogen werden können.

Der zweite Bereich umfasst den Vertrag mit dem neuen Dienstleister. Wenn auf Grund einer Minderleistung des neuen Dienstleisters während der Transition eine Verlängerung des Incumbents erforderlich ist, sollen die resultierenden Mehrkosten verständlicherweise nicht vom Kunden zu tragen sein. Dementsprechend müssen geeignete Regelungen im Vertrag aufgenommen werden, die eine Weiterverrechnung an den neuen Dienstleister ermöglichen.

Fazit

Sind beide Verträge entsprechend gestaltet, kann man während der Transition in Abhängigkeit der Schwere von Defiziten bzw. dem allgemeinen Risiko-Level eine Verlängerung des Incumbents vornehmen und so ein mögliches Service Continuity-Problem vermeiden.

Die Herausforderung liegt allerdings darin, geeignete, objektive und in allen Aspekten „wasserdichte“ Kriterien zu etablieren, anhand derer die Einschätzung von Defiziten und mit die Auslösung der Verlängerungsoption entschieden wird. Ich habe dieses Thema in einem weiteren Beitrag aufgegriffen.






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